Vor der industriellen Revolution gaben Possessions fast der Gesamtheit der Inselbewohner Arbeit und Brot, sie waren Symbole der Grundbesitzermacht. "Hier pulsierte einst auch das soziale Leben, die Beschäftigten tanzten und veranstalteten manchmal Schlachtfeste", sagt der Kenner der Insel-Geschichte. Zur Erntezeit arbeiteten im Schnitt 300 Tagelöhner auf jedem dieser Güter, hinzu kamen 30 bis 40 Festangestellte. Die wurden bei den riesigen Anbauflächen und 3000 Quadratmeter Gebäudefläche auch benötigt. "Es war auf Mallorca früher sogar üblich, dass hier etwa bei Erntefesten im großen Stil Ehen angebahnt wurden", sagt Diego Zaforteza. Es sei also höchste Zeit, dieses identitätsstiftende Kulturgut Menschen zu zeigen, die Mallorca zwar sehr gut kennen, aber noch nicht in die faszinierenden Tiefen der Geschichte vorgedrungen sind.
Die Possessions gehören denn auch genauso zur Inselidentität wie beispielsweise das schwarze Schwein oder die Drosseljagd. "Mit den Besitzern von zehn habe ich bereits Verträge abgeschlossen", sagt der umtriebige Ausflugsorganisator. Er stammt selbst aus einer Possessions-Eigner-Familie. "In vier Jahren wollen wir 90 zusammen haben." Es sei das erste Mal überhaupt, dass sich Possessionsbesitzer zusammentun, um diese Einrichtungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Eine solche Tour etwa zur Sollerich-Possessió bei Alaró, zur Comassema-Possessió nahe Bun-yola oder zum Landgut Can Bosch bei Pollença dauert drei Stunden. Die Ausflüge finden nur in der Nebensaison bis Anfang Juni 2019 statt, kosten pro Person 30 Euro (zwei Teilnehmer: 50 Euro) und können unter https://fundacion-itinerem.org gebucht werden. "Wir wollen Erlebnisse schaffen", so Diego Zaforteza. "Ich will keine Touristen, sondern Besucher, die bereit sind, sich überraschen zu lassen." Erklärt werden ihnen die Geschichte des jeweiligen Anwesens und der Familie, und am Ende wird ein Essen aus lokalen Produkten serviert. "Bei den Touren lernt man etwa, wie Öl- und Mehlmühlen funktionierten", so Zaforteza. "Wer weiß denn davon noch was ..." Man denke auch an spezielle Angebote für Familien, so der Itinerem-Chef. "Kinder mögen ja bekanntlich Tiere." Das Geld für die Eigentümer sei dafür gedacht, später in die Instandhaltung der Anlage investiert zu werden.
Wenn er demnächst mal wieder mit einem Geheimcode irgendein Gatter öffnet, hofft Zaforteza auf Besucher, die – wie von ihm schon mehrfach erlebt – bei dieser Gelegenheit nur eines sagen: "Wow!"
(aus MM 51/2018)
2 Kommentare
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So, jetzt stimmt es. Hier der korrekte Link https://fundacion-itinerem.org. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.Mit freundlichen Grüßen MM-Redaktion
Leider konnte ich die oben angegebene Web Adresse www.fundacion-itinerem. org nicht aufrufen. Schade, hätte mich wirklich dafür interessiert.