Sein Violinkonzert, das am Donnerstag die britische Geigerin Leia Zhu für uns spielen wird, begann Dvorak 1879 auf Anregung seines Verlegers zu schreiben. Auf den Rat des Geigers Joseph Joachim schrieb er es komplett um. Joachim führte es zunächst in privatem Rahmen auf, bei der ersten öffentlichen Präsentation 1883 wurde es ein großer Erfolg. Dieser Erfolg verdankt sich den volkstümlichen Melodien, der opulenten Instrumentierung und der virtuosen Raffinesse des Violinparts. (Geige und Bratsche waren Dvoraks Instrumente, an denen er praktische Erfahrungen gesammelt hatte.) Bereits die ersten Takte nehmen den Hörer gefangen. Im weiteren Satzverlauf wechseln sich hochvirtuose Solopassagen mit sehr gesanglich gestalteten Abschnitten ab. Der zweite Satz (in F-dur) ist ungewöhnlich lang und ebenfalls sehr kantabel gehalten. Der dritte, eine Kombination aus Sonatensatz und Rondo (hier das Hauptthema) steckt voller Volksliedthemen, In strahlendem Dur zeichnet ein Furiant Bilder eines ausgelassenen Festes. Arabella Steinbacher schildert in dem Podcast „Das starke Stück“ von br klassik ihre persönliche Sichtweise auf das Werk. – Wenn Sie sich einhören wollen. Bei YouTube gibt’s einen Konzertmitschnitt von Joshua Bell.
Schuberts „Unvollendete“ bildet schon in den ersten Takten einen nicht zu überhörenden Gegensatz zum Dvorak-Konzert. Beginnt dieses mit dem voluminös besetzten ganzen Orchester, so kommt das initiale Grundmotiv der Schubertsinfonie piano aus den Tiefen der Kontrabässe, drohend, unheimlich, vergleichbar dem berühmten Bruckner’schen Urnebel. Eine ländlich-idyllische Melodie schließt sich an, in die aber alsbald das volle Orchester bedrohlich einbricht. (Wir haben diese Zerstörung friedlicher Heiterkeit in den letzten Konzerten bei Mahler und Tschaikowsky erlebt.) Auch bei Schubert gibt es eben kein ungetrübtes Glück, Heiteres im Sinne von „lustig“ schon gar nicht. „Kennen Sie lustige Musik? Ich nicht!“ soll er einmal gesagt haben. Immer lauert hinter der Fassade heiterer Gelassenheit das Dunkle, das Bedrohliche. – Der zweite Satz steht traditionsgemäß im Kontrast zum dramatischen Kopfsatz und bildet in seiner E-dur-Wärme und seiner sich zu hymnischen Liebesgeständnissen aufschwingenden Glückseligkeit einen Gegenpol zum ersten. Warum Schubert es bei zwei Sätzen beließ, ist bis heute unklar. Der Kalauer von der „vollendeten Unvollendeten“ ist ärgerlich, weil er die Möglichkeit, das Werk könnte es an künstlerischer Vollkommenheit mangeln lassen, impliziert. Alles, was Schubert komponierte, ist vollkommen. Qualitative „Ausrutscher“ gibt es bei ihm nicht. – Auch zur „Unvollendeten“ gibt es einen erhellenden Podcast in der ARD Audiothek. Wenn Sie mehr über Schuberts Lebensumstände zur Zeit der Arbeit an der Sinfonie erfahren möchten: das 6. Kapitel der br-Hörbiografie bringt sie Ihnen nahe. Zum Einhören empfehle ich Ihnen den Konzertmitschnitt von Iván Fischer. Karten für das Konzert gibt’s wie immer hier.
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